Forschungsarbeiten datieren den Ursprung Pergamons auf die Zeit des 7. Jhds. v. Chr. Perser, Griechen, Römer und Osmanen bestimmten über einen Zeitraum von mehr als 2 000 Jahren die Entwicklung der Stadt. Im westlichen Kleinasien, ca. 80 Kilometer nördlich der türkischen Stadt lzmir gelegen, wurde Pergamon um das Jahr 333 vor Christus Bestandteil des Weltreiches von Alexander dem Großen. Es wurde nach und nach zur Residenzstadt wirtschaftlicher und kultureller Bedeutung.
Eine besondere Herausforderung war die Wasserversorgung der auf einem Bergrücken 300 Meter über dem Tal gelegenen Stadt. In den Anfängen erfolgte die Versorgung der Einwohner noch aus einer großen Anzahl von in den Fels gehauenen Zisternen. Hier wurde das Niederschlagswasser von den Dächern und befestigten Plätzen der Stadt gesammelt. Es war nachweislich von einer sehr hohen Qualität. Der mit der Einwohnerzahl steigende Wasserbedarf führte im Zeitraum von 250 v. Chr. bis 150 n. Chr. zum Bau von insgesamt zehn Wasserleitungen. Drei weitere Leitungen wurden in der nachfolgenden byzantinisch-osmanischen Zeitepoche gebaut. Das Leitungsnetz hatte die Aufgabe, reines Quellwasser aus der die Stadt im Norden und Westen umgebenden Bergregion nach Pergamon zu leiten.
Die ersten beiden jeweils ca. 15 Kilometer langen Leitungen wurden von den Griechen als ein- bzw. zweisträngige Tonrohrleitungen gebaut. Die dritte Zuleitung aus dem Madradag-Gebirge wurde von den Griechen bereichsweise als Druckleitung ausgeführt, sie ist rund 42 Kilometer lang. Entsprechend dem modernen Leitungsbau folgt sie nicht dem natürlichen Fließgefälle des Wassers, sondern überwindet auf kürzestem Weg die Entfernung zwischen den Quellen und der Stadt. Am Fuß des Burgbergs von Pergamon war die Leitung einem Druck von 200 Metern Wassersäule ausgesetzt, dies entspricht rund 20 bar. Nach den vorliegenden Erkenntnissen bestanden die Rohre dieses Leitungsabschnittes nicht aus Ton, sondern aus Blei.
Da sich Pergamon in römischer Zeit auf das unterhalb des Burgberges gelegene Gebiet ausbreitete, konnte die Wasserversorgung auch durch Freispiegelkanäle erfolgen. Die Römer verwendeten für den Bau der bis zu 1,10 Meter breiten und 1,60 Meter hohen Kanäle roh bearbeitete Bruchsteine. Aquädukte leiteten das Wasser über Taleinschnitte hinweg. Mit rund 500 Metern Länge und 40 Metern Höhe war das Karkasos-Aquädukt eines der größten des Altertums.
Ein starkes Erdbeben zerstörte im Jahr 178 nach Christus große Teile der für die Trinkwasserversorgung Pergamons gebauten Aquädukte. Um die Wasserversorgung zu sichern, wurde in der Folgezeit die rund 70 Kilometer lange Aksu-Leitung ausgebaut; auf einer Trasse, die weitestgehend ohne erdbebengefährdete Bauwerke auskam.
Im dritten Jahrhundert nach Christus erhöhte sich die Pergamon zugeleitete Wassermenge auf ca. 400 Liter pro Sekunde bzw. 35 000 Kubikmeter pro Tag. Damit standen jedem der 160 000 Einwohner täglich rund 220 Liter Quellwasser bester Qualität zur Verfügung. Ein Vergleich mit der heutigen Nutzungsmenge von 125 Litern je Einwohner und Tag verdeutlicht den hohen Lebensstandard dieser Stadt vor 1 700 Jahren. Die abnehmende Bedeutung und Größe der Stadt, Schäden durch Erdbeben und fehlende Mittel für die kostspieligen Unterhaltungsmaßnahmen führten in den folgenden Jahrhunderten zum Verfall der großartigen Trinkwasserversorgungsanlagen von Pergamon.
Quelle:
Die Wasserversorgung antiker Städte, Band 2, Frontinus-Gesellschaft e.V., Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1987